Einmal Mittelmeer und zurück
Hallo und Salut ihr lieben Menschen da draußen. Vielen Dank, dass Ihr wieder dabei seid um zu erfahren, wie es bei unsere Tour durch die französischen Alpen auf der Route des Grandes Alpes weiter ging.
Falls Ihr den ersten Teil nicht gelesen habt und das noch nachholen möchtet, könnt Ihr das hier tun.
Tag 3: von Avrieux nach Enchastrayes
Nach einem tollen Frühstück verabschiedeten wir uns von unseren Gastgebern und verließen das verschlafene Örtchen Avrieux mit seinen spätmittelalterlichen Gassen und Gebäuden in Richtung Enchastrayes.
Die ersten Kilometer verliefen unspektakulär. Wir fuhren die A43 entlang an Saint-Andre vorbei bis Saint-Julien-Mont-Denis. Dort an der D80 entlang kamen wir auf eine Straße, die uns von einer Motorrad-Navi App empfohlen wurde und welche wirklich der Hammer war. Was ich jetzt noch in meinem Ride von RideLink sehe ist, dass die kurze Strecke 46! Spitzkehren hatte. Die 90 Grad Kurven habe ich nicht mitgezählt. Während der Fahrt hatte man wirklich das Gefühl, man würde das Bike nur noch hin und her schmeißen. Alma lag wie auf Schienen in den Kurven und hatte anscheinend mächtig Spaß an der Sache. Genau wie ihr Fahrer. Zur Info: Ich glaube hier sind wir nicht auf der offiziellen RdGA, wobei ich mir nicht ganz sicher bin. Aber geil war es trotzdem.
Aus diesem Kurvenparadies wieder raus in Höhe Olle machten wir kurz danach eine kleine Pause. Am Lac de Grand Maison staunten wir wieder über das klare blaue Wasser in Mitten einer malerischen Landschaft. Es gibt einfach Bilder, die einem immer im Kopf bleiben und auf dieser Reise warteten ständig solche Aussichten auf uns.
Nach ein paar weiteren tollen Kurven, machten wir unsere erste größere Pause in Villard-Reculas. Ein kleines Bistro am Straßenrand, welches neben Kaffee auch Pizza und ähnliches bot, lud zum Verweilen ein. Bei knappen 32 Grad stürzten wir uns direkt in den Schatten.
Nach einem kleinen Snack und einer Tasse Kaffee fuhren wir weiter. Die Straße entlang in Richtung Huez kamen wir auf eine kleine geteerte Straße direkt am Berghang. Rechts der Berg, links eine kleine Mauer und dahinter ging es steil hinab ins Tal. Auch wieder gepaart mit tollen Schräglagen-Stücken, fuhren wir in (oder auf?) einer anderen Höhe am See La Sarenne vorbei.
An diesem Abend hatten wir ein spannendes, und günstiges Hotel gebucht. Wir kamen in einem 6-Bett Zimmer im Hôtel l’Équpe unter. Vier Männer in einem Hotelzimmer. Dies bedarf keiner weiteren Worte. Das Zimmer war groß und die Kopfhörer gut. Insgesamt hat uns die Nacht zusammen ca. 59 € gekostet. Für saubere Bettwäsche und eine heiße Dusche, kann man sich an dieser Stelle sicher nicht beschweren.
Im dazugehörigen Restaurant aßen wir zu Abend, bevor es aufs Zimmer ging und ich noch das Lademanagement meiner Elektro-Abteilung vornahm.
Wie so oft auf dieser Tour sah man, daß der Tourismus hier in erster Linie für Wintersportler ausgelegt war. Ich hatte noch nie so viele Intersport2000 – Läden gesehen wie in dieser Region. Dazwischen dann die Sommerbranche mit der Wanderabteilung. Motorradläden oder Werkstätten waren entweder gut versteckt oder nicht vorhanden.
Tag 4: von Enchastrayes nach Carros (über Menton)
Nach dem Frühstück fuhren ein paar Kilometer zurück über Briançon und les Gleizolles Richtung Col de la Bonette. Aber bis dahin dauerte es noch ein wenig. Denn was ich an diesem Tag (oder auf dieser Tour) nicht erwartet hatte, dass ich auch noch das erste Mal in Italien landen würde. Irgendwo gab es ein Kommunikation- und Navigationsproblem unter uns und wir landeten auf einmal unabsichtigt im Land der Ducatis und MotoGuzzis. Verrückt! In Vinadio drehten wir um. Wir nahmen den direkten Weg über die Berge, um Zeit zu sparen. Denkste!
Da der Weg extrem schmal war und leider die italienischen Autofahrer uns nicht den Platz machten, den wir (besonders ich) gerne gehabt hätten, dauert die Überquerung eine Ewigkeit. Über die SP255 fuhren wir mit ca. 20-30 km/h den Col de la Lombarde hinauf. Gelohnt hat es sich trotzdem. Dort oben möchte ich irgendwann einmal mit meinen Campingsachen verweilen. Die Aussicht war unglaublich. Auch hier wieder ein wunderschönes Fleckchen Erde. Wir hatten aber schon etwas Zeit verloren, deswegen blieben wir nicht stehen, sondern fuhren nach der Grenze die M97 wieder in Frankreich hinab.
In der Nähe von Isola machten wir eine kurze Trinkpause, wo wieder ein herrliches Stück Natur auf uns wartete. Dieses Gebiet wird besonders den Formel 1 – Fans einen Faden Beigeschmack zufügen. Und mir auch. An diesem Beispiel wird einem wieder bewusst, wie schnell das Leben eine dramatische Wendung bekommen kann und ich hielt kurz inne und dachte an meine Familie.
Über die M97 und hinter Isola wechselten wir auf die M2205 fuhren wir dann voller Vorfreude dem Col de la Bonette entgegen. Wenn man das Gefühl hat, daß der Pass kein Ende nimmt, schmalen Straßen mit Abhängen rechts und links, dann ist das einfach eine eigene Art von Selbstfindung oder Meditation. Keine Ahnung wie ich das nennen soll oder was jetzt irgendwelche Experten dazu sagen würden, aber das ist es für mich.
Um 12.51 Uhr kamen wir auf der Cime de la Bonette in 2715m Höhe an. Und mal wieder fehlt dem Verfasser hier jegliches Vokabular, um diese Faszination zu beschreiben. Auf den Weg nach oben kamen wir noch an eine alte militärische Stadt Namens Camp des Fourches vorbei. Leider sind die noch stehenden Häuser nur noch Ruinen. In diesen Höhenmeter unterwegs zu sein hat was besonderes im Bezug auf die Vegetation. Auf dem Weg nach oben kann man sehr schön die Grün-Grenze erkennen.
Während ein Teil unserer Truppe nach unten fuhr und sich bei einem Bistro nieder liess, erklimmten Patrick und ich den Berg. In voller Montur und Motorradbots ging es die letzten Meter nach oben. Dabei erkannte der Verfasser seinen schrecklich konditionellen Zustand, auf welches wir hier nicht weiter eingehen werden. Ich habe die Insta360 Kamera mit nach oben genommen und auf meinem Instagram-Kanal (Nein, die haben nichts miteinander zu tun), könnt Ihr ein cooles Bullet-Time Video vom Gipfel sehen. Leider kann ich das hier nicht hochladen. Also ich kann das nicht! Ich lasse jetzt einfach mal die Fotos etwas wirken.
Langsam machten wir uns auf den Abstieg und wieder zu unseren Bikes. Wir fuhren von rund 2.700 Metern wieder auf 1.200m runter. Unten wartete schon der Rest der Truppe in einem Café. Wir bestellten uns was zu trinken und dann meinten es die Götter gut. Wir saßen gemütlich und überdacht, als plötzlich ein Wolkenbruch über uns kam. Es schüttete wie aus Eimern. Dort warteten wir eine Zeitlang, bis das Wetter sich wenigstens ein bißchen beruhigt hatte, bevor wir wieder auf unsere Motorräder stiegen und los fuhren. Die Straße war durch den erst kürzlich eingesetzten Regen sehr schmierig und wir fuhren vorsichtig weiter. Nach ca. 20 min. war, wie an einem Strich gezogen, die Sonne wieder da und die Straße trocken. Einfach unfassbar diese Natur.
Von Saint-Etienne-de-Tinée fuhren wir weiter über die M39 wieder auf die M2205 zurück in Richtung Saint-Saveur-sur-Tinée. Dort erwischte uns dann wieder das Wetter, aber in einer anderen Weise. Die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur stiegen fast parallel zu den steigenden Höhenmetern und wir mussten eine kleine ungeplante Trinkpause machen. Der Schweiß ging uns wortwörtlich aus.
Über Le Chastel und Saint-Martin-Vésubie kamen wir in Roquebilière an. Danach bogen wir ab auf die M70. Die Rallye-Fans wissen was jetzt kommt: Genau! Ab La Bollène-Vésubie fängt die Bergetappe der Rallye Monte Carlo an. Im Internet steht dazu folgendes: Der 31 Kilometer lange Col de Turin Pass umfasst 1.600 Meter Bergauf und führt zwischen Sospel und La Bollène-Vésubie. Mit insgesamt 34 scharfen Wendungen ist die Strecke eigentlich nichts für Raser. Aber bei der Rallye fahren die ja mit unglaublichen Geschwindigkeiten durch diese Kurven. Leider konnte ich diese Fahrt nicht so geniessen, da ich etwas dehydriert war und sehr starke Kopfschmerzen bekam. Aber auf dem Col de Turin angekommen, halfen mir ein paar kleine Flaschen Wasser ziemlich schnell wieder fit zu werden.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer noch nicht realisiert, daß ich heute noch das Mittelmeer sehen werde. Vom Col de Turin und durch den Ort Moulinet verabschiedeten wir uns in Richtung Menton und fuhren den magischen Null Metern über dem Meeresspiegel entgegen. Die Strecke war toll zu fahren und machte sehr viel Spaß. In dichten Waldabschnitten erwischte uns die Sonne nicht mehr so stark. Und dann tauchte es plötzlich zwischen den Bäumen auf: Das Meer.
Man merkte direkt, daß hier eine andere Art von Tourismus herrschte als auf dem Rest der Strecke. Auf einmal standen wir wieder im Stau. Große Roller überholten uns und schlängelten sich durch den Verkehr. Als wir dann am Strand entlang cruisten, wurde auch die Bekleidung der Touristen anders. Dies lassen wir aber auch weiterhin mal so im Raum stehen.
Wir parkten am Musée Jean Cocteau, neben der Bastion direkt am Meer. Ich ging direkt an den Strand. Mit Motorrad-Hosen und Schuhen an leicht bekleideten Menschen vorbei, die stellenweise sehr dumm schauten. Am Wasser angekommen, saugte ich diesen Moment einfach nur in mir auf.
Der, der eigentlich nur in seinem Landkreis rumtukern wollte, stand jetzt mit seinem Motorrad am Strand von Menton.
Total überwältigt von meinen eigenen Emotionen konnte ich auch nicht mir an mir halten und mir liefen Tränen die Backe hinunter. Ich bin mit dem Motorrad ans Mittelmeer gefahren. Als ich damals anfing mit dem Schreiben des Blogs und gleichzeitig auch dem mit Motorrad fahren, hätte ich das hier niemals für möglich gehalten oder überhaupt darüber nachgedacht. In diesem Moment vermisste ich meine Frau und meine Kinder sehr und war traurig darüber, daß ich diesen Moment nicht mit ihnen teilen konnte.
Wir blieben nicht lange in Menton. Es wurde so langsam Abend und wir mussten noch ins Hotel fahren, welches in Carros war. Wir hatten noch gut eine bis anderhalb Stunden fahrt vor uns. Also ging es wieder zurück durch Menton auf die Autobahn A8 in Richtung Nizza. An Monaco fuhren wir leider nur vorbei. Eigentlich wollte ich einmal die Formel 1 Strecke dort fahren aber passte zeitlich nicht in die Tour.
In Carros angekommen bezogen wir unsere Zimmer in einem sehr schönen Hotel namens Promotel. Direkt fragten wir nach dem Pool den wir auf den Bildern gesehen hatten und uns wurde gesagt, der hat nur noch eine Stunde geöffnet sei. Also nichts wie raus aus den Klamotten und ab in den Pool, der definitiv nicht geheizt war! Nur als kleine Info.
Abends gingen wir uns noch eine Pizza an einem der vielen Verkaufswägen holen. Diese Pizza sollte noch für Probleme sorgen! Aber an diesem Abend genossen wir einfach das Leben und genehmigten uns noch ein paar Biere an der Hotelbar. Ich glaube anders hätte ich an diesem Tag auch nicht wirklich schlafen können.
Tag 5: von Carros nach Voreppe
Diejenigen die in Geografie gut sind werden jetzt merken, daß wir nicht den Weg der Routes des Grandes Alpes zurücknehmen werden. Sondern wir wollen parallel zur Route de Napoleon fahren, bevor wir wieder auf die Autobahn müssen. Nach einem typisch französischem Hotelfrühstück machten wir uns auf den Weg in Richtung Castellane. Eine landschaftlich wirklich schöne Strecke, aber leider etwas ernüchternd, wenn man aus den Alpen kommt. An Grass vorbei in Richtung La Garde, fuhren wir in Richtung eines tollen Badesees. Den Le Verdon. Dieser wird nicht nur von Badegästen und Wassersportlern genutzt, sondern anscheinend auch vom Militär. Das es mal wieder ein sehr heißer Tag war, konnte uns einfach keiner bremsen.
Nach unserer Schwimmstunde lenkten wir die BMWs in den Schatten und aßen die letzten Vorräte. Im nächsten Ort kauften wir uns noch Wasser und fuhren im Prinzip ab diesem Moment nach Norden gen Heimat. Über Saint-André-les-alpes ging es auf der N85 locker und ohne Verkehr weiter. Irgendwann nach Sisteron fuhren wir der A51 auf. Natürlich kamen wir da auch wieder in einen heftigen Regenschauer, der aber relativ schnell wieder vorbei war. Es hatte aber gereicht um Naß zu werden.
Hinter Gap machten wir eine Pause und buchten unser Zimmer für die nächste Nacht. Wir versuchten noch soviel Kilometer wie möglich hinter uns zu bringen und buchten ein Zimmer hinter Grenoble im Ort Voreppe. Über dieses Hotel möchte ich auch nicht weiter schreiben, aber es kam mir vor wie aus einem Hollywood-Film. Türgriffe fehlten, die Einrichtungen war irgendwo zwischen 60er und 70er hängen geblieben und die Klospülung funktionierte nur mit einem Trick. Zusätzlich war die Dusche auch ein Abenteuer. Naja egal. Für eine Nacht sollte es reichen.
Dafür überlegten wir uns, noch einmal gut essen zu gehen und wollten die Bikes mal stehen lassen und ließen uns von einem Taxi in den nächst größeren Ort zu einem Steak-Grill-Haus bringen. Was wir nicht wussten: Das Taxi was wir riefen kam aus Grenoble. Dementsprechend hatte der schon einiges auf der Uhr, bevor wir überhaupt losgefahren sind. Das war wirklich der Oberhammer. Na wenigstens hatten wir beim Zimmer gespart. Die Heimfahrt war noch teurer. Aber wir hatten ein anderes Problem.
Wie sich aber erst später rausstelle, war vermutlich die Pizza, welche wir in Carros gegessen hatten, einem von uns, der dessen Namen hier nicht mehr genannt werden darf, nicht bekommen und er hatte dann aber von jetzt auf gleich Magen-Darm-Mist. Wir waren froh, als er im Bett lag und an diesem Abend schlief.
Tag 6: von Voreppe nach Hause
Am nächsten Morgen gab es auch sowas ähnliches wie Frühstück. Man hatte mal was im Bauch. Das war schon viel wert. Unserem Patienten ging es leider überhaupt nicht gut und wir überlegten uns schon, wie wir ihn im schlimmsten Fall nach Hause bekämen. Johnny, der bei der Tour nicht mitfahren konnte, bot uns sogar an, ihn abholen zu kommen. Aber der Kranke wollte unter keinen Umständen sein Bike zurücklassen. Verständlich. Also klemmten wir ihn im Prinzip zwischen uns und fuhren los. Wir hofften alle nur, daß er auf dem Bike sitzen bleiben würde.
Irgendwann am späten Vormittag oder es kann auch schon mittag gewesen sein, erfuhren wir, daß es die Pizza war. Diese machte sich nämlich wieder auf den Weg zurück, wie sie hinein kam. Ihr war das auch Scheißegal, daß der arme Kerl gerade auf einer französischen Autobahn war. Ich sage nur: Es lebe der Klapphelm!
Allen Anschein nach ging es dem Patienten danach aber besser. Wir machten noch eine etwas längere Pause an einem Rasthof. Wir ruhten uns etwas aus und liessen unseren kranken Mitfahrer etwas die Augen zu machen. Aber es war noch ein Stück bis nach Hause. Aber die Rückfahrt verlief ansonsten unproblematisch.
Hinter Metz wechselten wir dann die Autobahn Richtung Creutzwald und dann waren wir wieder im Saarland. Da tankten wir noch einmal. Heiko verließ uns dann auch und wir fuhren weiter der Heimat entgegen. Um 18.30 Uhr war unsere Tour vorbei.
Ich habe leider keine Fotos mehr für euch, aber ich hoffe doch, der Bericht gefällt euch trotzdem. Wir sind alle Heil und mehr oder weniger Gesund zu Hause angekommen. Währen dich hier sitze uns schreibe habe ich in unsere Gruppe geschrieben, zum hundertsten Mal, was das einfach für eine geile Tour war. Mich überkommt wieder das Fernweh und ich will einfach nur auf mein Motorrad und losfahren.
Darf ich mich jetzt auch „Motorrad-Reisender“ nennen?
Ich würde die Tour genauso nochmal fahren, nur würde ich mir vielleicht ein oder sogar zwei Tage mehr Zeit nehmen. Einen Rest-Day einplanen. Natürlich muß man dann auch die Kosten im Auge halten, aber ein Tag auf einem Camping-Platz wäre bestimmt auch sehr angenehm gewesen.
Wenn ihr Fragen habt zur Tour, Hotels, Pässe oder ähnliches schreibt mir einfach. Entweder hier als Kommentar, per Mail Mueschel@t-online.de oder bei Instagram. Ich würde mich sehr darüber freuen.
So, das wars dann. Ich wünsche euch allen viel Spaß bei euren Touren und Planungen und kommt alle wieder Heil nach Hause.
DLzG
Euer Mueschel